Meine Spinnradherde besteht derzeit aus sieben verschiedenen, funktionstüchtigen Spinnrädern und zwei Dekospinnrädern. Im Laufe der Zeit werde ich sie Euch alle vorstellen. Leider musst Du die Artikel runterscrollen damit Du die Informationen über das gesuchte Spinnrad lesen kannst.
Die himmelblaue Ziege
Obelausitzer Gräfin
Fiedlersch Book
Biehmsches Maajdl
Schaumburger Klapperrad
Rote Sonata
Grüne Froschkönigin
Die himmelblaue Ziege – ein ungewöhnliches Ashford Traditional
Das Ashford Traditional ist in seiner Form unverwechselbar! Es ist ein Design, wo Bauweisen zweier historischer Spinnradtypen kombiniert wurden: wie bei (1) Edlen von Rettich zu sehen – dem typischen „alten englischen Trittrad“, welches die Engländer Saxony Wheel nennen (mit horizontalem Brett und Radsäulen), und dem Spinnrad skandinaischen Typs, bei dem das Schwungrad zwischen zwei Leisten/Stäben/Brettern aufgehängt ist. Auf deutschem Gebiet war dieser Typ im 19. Jahrhundert als Bielefelder Spinnrad bekannt (2). Aus heutiger Spinner*innen Sicht können beide Spinnräder den „Ziegen“ zugeordnet werden.
(1) Edlen von Rettich, Hugo (1895): Spinnrad-Typen. Eine Sammlung von Hand-Spinngeräthen. K.K. Ackerbau-Ministerium. Wien. S.9f)
(2) Verein zur Gründung von Spinnschulen (1851): Zweiter Bericht über die Wirksamkeit des Vereins zu Begründung von Spinnschulen im Kreisdirevtionsbezirke Budissin. Beyer & Duroldt, Löbau. S.34)
Vorgeschichte meiner Liebe zum Ashford Traditional: Das erste Mal spann ich auf dem Traditional bei einem Aufenthalt in Wales Anfang der 80er Jahre in Wallis Wollen Mill (Ambleston) bei Familie Redpath in Pembrokeshire währed eines Ferienaufenthaltes. Ich hatte bis hahin nur auf alten, kleinen und klapprigen Spinnrädern aus Polen gesponnen und das Ashford war für mich wie eine Offenbarung! Es surrte und schnurrte, es flitzte und flog!
So lernte ich John W. Thomas, eigentlich Harfenbauer und Ingenieur aus Pembrokeshire, kennen. Er tauchte eines Sonntags in der Mühle auf und wollte von mir wissen, wie ein perfektes Spinnrad funktionieren müsse. Denn er wolle zur Abwechslung einige Spinnräder bauen, die Harfinistinnen seien ihm gerade mit ihren Harfen und Allüren zu anstrengend … Auf dem Foto sieht man mich als Jugendliche an dem ersten zweifädigen Spinnrad von John Thomas, vom Typ her ein Saxony Spinning Wheel. Witzig: In Wales spann ich das erste Mal auf einem englischen Sachsen-Rad, welches völlig anders gebaut ist als das sächsische Bockspinnrad – welch ein sprachliches Durcheinander! Technische Deatils: Auch hier konnte die Mother-of-all, wie beim Ashford, bei Bedarf mit einer Schraube reguliert und als Justierung der Spulenbremse genutzt werden. Die Schraube wird auf dem Foto vom Brett verdeckt.

Das zweite Spinnrad aus der John Thomas Harpmaker Werkstatt (auch ein Unikat) erinnert in der Form schon sehr stark an das Ashford Traditional: das Schwungrad hängt auch in einem gebogenen Rahmen – nur viel eleganter, mit wundervoll gebogenen Schwung in den Seitenteilen! Die Spindelhalterung und Bremse sind aber, wie bei den traditionellen englischen Spinnrädern, mit einer Holzschraube regulierbar.
Die Bildqualität ist leider schlecht, ein verschwommener Schnappschuss vor dem Haus, aber es ist das einzige Foto, was ich besitze. Weitere Besonderheiten: Drei der Speichen des Schwungrades wurden von John mit Lovespoons ersetzt, von ihm geschnitzten Löffeln, die verschiedene walisische Symbole zeigen. Auch die Kopfseite der Mother-of-all hat eine Schnitzerei: „The Welsh Dragon“, das Nationalsymbol von Wales. Während das obere Spinnrad überwiegend aus „good old english oak“ gebaut wurde, also schwer und robust war, hat John das untere Spinnrad aus verschiedenen Hölzern gebaut und mit klarem Lack versiegelt, damit die ursprünglichen Farben der Hölzer besser zur Geltung kommen. Die Spulenhalterung ist aus Leder.

Und jetzt kommt erst die Geschichte meines heutigen Ashford-Spinnrades:
2015 schickte mir meine Schwester Eva, ebenfalls Spinnerin, einen Ebay Garagenfund, den sie auf einem Foto als Ashford Spinnrad indentifizierte – Respekt! Die Post brachte mir dann eine Kiste voller gräulich-brauner Holzteile, sogar Radnarbe und Speichen waren zerlegt. Gut, dass der Schwiegervater Stellmacher ist. Auch Spindel und Spulen fehlten. Bei Flinkhand bestellte ich für das einfädige Rad zwei Spinnflügelsets: Standard und Jumbo plus ausreichend Spulen. Am Ende hatte ich einen Haufen Holz als unschönes Farbchaos: helle unlackierte Teile, ölverschmierte schwarz-braune Teile und lackierte schadhafte graubraune Teile. Da ich ausreichend andere Spinnräder im Holzlook besitze entschloss ich mich, frei nach dem Kindheitsmotto meiner Tochter: „Übermut tut immer gut“ dieses Spinnrad hell und freundlich anzustreichen! Mutig wählte ich seidenmatte Holzfarbe in himmelblau, oberlausitzblau (wie im Blaudruck) und weiß. Und damit der Überrmut perfekt wird, kannst Du verspielte Schleifchen an den Speichen sehen – eh voilá: so sieht meine himmelblaue Ziege seit fast sechs Jahren aus!
Inspiriert durch die Spinnrad-Frühjahrsputz-Aktion von Chantimanou, habe ich letztes Wochende das Rad gesäubert, die Lackierung aufgefrischt (die Farben hatte ich aufgehoben und sie waren noch nicht verdorben!) und kleine Änderungen vorgenommen:
- endlich die Holz-Jakobsmuschel aufgeklebt,
- einen Haken für die Garn-Messkarten von Chantimanou und den Einziehhaken angebracht,
- neue Metallhaken auf einer Seite der Standardspindel angebracht, damit ich feines Garn (unten im Beispiel 23 wpi im Single) regelmäßiger auf die Spule aufwickeln kann,
- die Metallfeder und den Faden der Spulenbremse sowie Antriebsriemen erneuert (Baumwollfäden),
… und natürlich alle Metallteile geölt, Plastikteile entfettet, Leder gefettet und Steckteile abgeschmirgelt!

Die Spulen habe ich, nach einem Tipp einer anderen Spinnerin, mit Pfeifenputzern von innen greinigt, damit das Geklappere und Gehake der letzten Wochen endlich ein Ende hat!
Das Zubehör bekommt nun einen eigenen Platz: vor Jahren hatte ich bei Buttinette einen Geschenkband-Halter gekauft (ich glaube unter 10 Euro) und diesen nun zu einer Mischung aus Lazy-Kate und Spulenhalter umfunktioniert. Auf dem Foto kannst Du sehen, wie Spulen, zweiter Frontholm plus Jumbo-Spinnflügel bei mir gelagert werden. Allerdings muss ich noch andere Stäbe kaufen, die Korken sind derweil eine Übergangslösung … da muss ich demnächst nach hübschen Knäufen stöbern.


Nun noch eine Aufsicht auf den Standardspinnflügel mit doppelter Anzahl von Haken zum gleichmäßigen Befüllen der Spulen. (Bergschaf, Streichgarn, Single 21-23 wpi).
Bis zum nächsten Frühjahrsputz kann die himmelblaue Ziege nun wieder meckern und blöken!
Die „Oberlausitzer Gräfin“ – ein zimperliches, elegantes Flachsspinnrad
Dieses Spinnrad stelle ich Euch demnächst vor.

Fiedlersch Book – an äberlausitzer Wullspinnroadl (aus Eibau)



Auf beiden Fotos ist das typische sächsische Bockspinnrad zu sehen, wie es im „Zweiten Bericht des Vereins zur Gründung von Spinnschulen im Kreisdirectionsbezirke Budissin (heute: Bautzen) beschrieben und aufgeführt ist. (siehe Quelle 2 beim Ashford Traditional)
Mein erstes Eibauer Schützen-Fiedler Bockspinnrad ist ein Geschenk meines Ehemannes Sven. Er hat es in der Region vor Jahren einer Spinnerin hartnäckig abgeschwatzt – sie wollte es eigentlich gar nicht hergeben. Fiedlers (jungscher) Bock begleitet mich seit Jahren auf Mittelaltermärkte und Vorführungen. Das Rad ist zum Verspinnen von groben Wollfasern sehr gut geeignet, hat ein mittelgroßes Einzugsloch, ist zweifädig, die Spulbremse wird mit einer vertikalen Holzschraube justiert, die Spindel ist ein flacher Metallbügel mit Einkerbungen für die Garnführung und der Spindelstab stabil. Fazit: robustes Marktspinnrad, das auch mal einen Regenschauer oder Lagerfeuerspritzer abhält und gut auf unebenen Rasenflächen steht!
Geschichte: Es wurde in den 70er Jahren im Nachbarort Eibau gefertigt und der Hersteller war der Drechsler Kurt Fiedler, auch Schützen-Fiedler genannt, da sein Betrieb lange Zeit die hölzernen Schnellschützen für die Webstühle der Region fertigte.
Anscheinend gab es jedoch eine Periode in den 1950er bis 1980er Jahren, in der diese Werkstatt viele Spinnräder produzierte. Die Räder sind gut erkennbar, denn unter der massiven der Holzplatte für die Ständer ist stets ein Firmen- oder Produktionsstempel. Außerdem ist die metallene Spindel charakteristisch. Der Sohn Heinz des Kurt Fiedler führte die Drechslerei bis in die 90er Jahre weiter, die Nachfrage nach Spinnrädern ließ jedoch stark nach und er verlagerte seine Haupttätigkeit auf Kunstgewerbe aus Holz.
Mir ist nur ein einziges Fiedler Model bekannt, doch von diesem gibt es etliche Räder in der Region und durch das Internet wahrscheinlich auch im Rest von Deutschland. Meist fehlen die metallenen Spindeln und die Holz-Spulen, vermutlich weil die Vorbesitzer dachten, dass das „Metallteil“ der Spindel später nachgearbeitet ist und nicht zur Originalausstattung gehörte. Leider falsch. Ein Spinnrad ist eine Garn-Produktionsmaschine und die hölzernen Spindeln waren schon immer das empfindlichste Bauteil, welches schnell zerbrach. Somit beschloss Herr Fiedler anscheinend zu DDR-Zeiten, diesem Übel mit einer metallenen, bruchsicheren Spindel ein Ende zu bereiten!
Das zweite Fiedler-Rad ist eben ein solch desolates Exemplar ohne Spindel und Spulen. Von einer Freundin vom Feuerholzhaufen gerettet, hat „dr aale Fiedlersche Book“ nun einen würdigen Platz vor unserem Umgebindehaus bekommen. In der Hoffnung, dass „su an aales Spinnroadl“ niemand klaut…
Das „Biehmsche Maajdl“ – ein hartes Arbeitsleben
Dieses kleine, tüchtige Flachsspinnrad könnt ihr bereits auf dem Altstadtfoto links sehen, ich beschreibe es Euch aber noch genauer.
Schaumburger Klapperrad
Dieses Spinnrad stelle ich Euch demnächst vor.
Die Sonata als Rotschopf
Dieses Spinnrad stelle ich Euch demnächst vor.